Kalenderblatt März 2014

März 2014

Wohn- und Geschäftshaus Schneider/Dittmar, Raiffeisenstraße 2/Ecke Bahnhofstraße, früher Haus Nr. 140

Am 17.03.1776 heiratete der aus Vadenrod stammende Schmiedemeister Caspar Schneider (*10.07.1744 +28.02.1817) in zweiter Ehe Susanna Prenzel (*28.05.1749 +11.12.1779). Sie war die jüngste Tochter von Johann Henrich Prenzel und Anna Elisabetha, geborene Feyerabend aus Wabern. Ihr Sohn Johann Henrich (Hufschmied, Schlossermeister und Ackermann) ging am 13.07.1798 mit Martha Elisabetha Otto (*27.09.1778 +18.05.1848) die Ehe ein. Von ihren sieben Kindern setzte der Drittgeborene, Henrich (*24.03.1806 +29.03.1861), das Erbe fort. Er vermählte sich am 25.01.1829 mit Martha Elisabeth Vollmar (*30.08.1807 +24.01.1865). Sie war die Tochter von Ackermann Johann Georg Vollmar und Martha Elisabetha, geborene Otto aus Wabern.

Martha Elisabeth Vollmar schenkte acht Kindern das Leben. Der Erstgeborene, Henrich (*14.12.1829 +26.10.1901), warb erfolgreich um Anna Katharina Gerhold (*18.02.1836 Wolfershausen +31.03.1887). Aus der im Jahre 1857 geschlossenen Ehe gingen zehn Kinder hervor, von denen jedoch nur drei das Erwachsenalter erreichten:

Martha Elisabeth *24.07.1858 +31.03.1887 oo15.11.1881 Wilhelm Österling
Johann Heinrich *05.12.1863 +1940
Sophie Louise *14.12.1874 +1939 ledig

Der Stammhalter, der Bahnhofsarbeiter Johann Heinrich Schneider und seine am 08.08.1891 in erster Ehe geheiratet Frau Maria, geborene Otto, verwitwete Momberg (*04.05.1864 +18.09.1905, siehe Kalenderblatt 08/2006) hatten die Kinder:

Martha Elisabeth *10.01.1892
Heinrich *29.09.1893 +27.10.1893
Johannes *29.09.1893 +1936
Luise *30.03.1896
Heinrich *27.01.1899

Johann Heinrich Schneider baute das Haus 1890 um und heiratete 1909 in zweiter Ehe Marie geb. Koch (*19.04.1870 +1954). Mit ihr hatte er eine Tochter, Anna Martha (*1910 +1993). Sohn Johannes, der Drittgeborene aus erster Ehe, lernte bei der Firma Wegmann in Kassel das Schlosserhandwerk und vermählte sich mit Friederike Karoline Katharina Pilger (* 25.08.1896 in Affoldern +1975). Sie hatten die Kinder:

Elfriede Sophie *1924 oo Georg Dittmar Lydia Elisabeth *1929 oo Friedrich Adam Höhne, Fritzlar Elli Erika Katharina *1933 oo Heinrich Matthias, Niedermöllrich

Nachdem Johannes aufgrund der Wirtschaftskrise (Schwarzer Freitag am 13.05.1927) seinen Arbeitsplatz in Kassel verlor, kaufte er sich Pferd und Wagen, um die Milchkannen, die auf verschiedenen Milchbänken in Wabern zur Abholung bereit standen, für die Landwirte zur Molkerei in die Bahnhofstraße zu bringen. Seine Frau steuerte Geld zum Haushalt bei, in dem sie Wäsche für andere Leute wusch. Als er für seinen Wagen Schmierfett benötigte, kam er mit einem jüdischen Händler ins Geschäft. Dieser lieferte ihm Fette und Öle, welche die Landwirte für ihre Betriebe benötigten und die Johannes erst in seinen Kellerräumen verkaufte. Nachdem dieser Verkauf gut anlief, kamen Produkte des täglichen Gebrauchs wie Lebensmittel und Kurzwaren hinzu. Der Kaufmann zog mit seinen Geschäftsräumen in das erste Stockwerk- heute noch erkennbar durch das große Fenster zur Raiffeisenstraße- und das Haus bekam einen Anbau. Im zweiten Stock befand sich die Praxis von Dr. Lasch, bis dieser sein Haus in der Hindenburgstraße 5 (Kalenderblatt 01/2009) baute.

Während der Zeit des Nationalsozialismus durfte der jüdische Händler den Waberner Kaufmann nicht weiter beliefern. Johannes Schneider widersetzte sich, wurde aber von Nachbarn verraten und beim Ortsgruppenleiter angezeigt. Tochter Elfriede erinnert sich: "Der Vater wurde in die Anstalt geholt, in der Turnhalle wurde er dann geschlagen. Er erzählte immer, die hätten über dem Kopf Kapuzen mit zwei Schlitzen aufgehabt, dass sie nicht erkannt wurden; aber er wusste trotzdem, wer es war. Die haben die Menschen sehr, sehr geschlagen; ich weiß, dass mein Vater ein paar Tage krank war."

Auch die Mutter bekam Ärger mit dem Ortsgruppenleiter, weil sie im Laden die Kunden nicht mit "Heil Hitler" begrüßte, sondern weiterhin mit "Guten Tag".

In den 1930erJahren wurde der Laden in das Erdgeschoss verlegt. Nach dem frühen Tod von Johannes (1936) betrieb seine Frau den Laden weiter, hierbei wurde sie von ihren Töchtern unterstützt. Aufgrund des Hochwassers durch die Bombardierung der Edertalsperre 1943 musste die zerstörte Ladeneinrichtung durch die Schreinerei Freudenstein erneuert werden. Tochter Elfriede blieb im Elternhaus und heiratete am 17.07.1948 Georg Dittmar (*1925 +1997). Das Ehepaar hat die Kinder Jutta (*1949) und Rainer (*1955). Ehemann Georg arbeitete mit im Laden, nachdem er dort seine Lehre als Kaufmann abgeschlossen hatte.

Anfang der 1970erJahre erfolgte die letzte Erweiterung und Umgestaltung des Edeka-Ladens, der am 31.3.1984 endgültig geschlossen wurde. Die Räume sind seit dem 01.09.1993 vom Ehepaar Rita und Karl-Heinz Lepper angemietet. Sie betreiben dort ein Geschäft mit Zoo- und Angelbedarf.

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