Kalenderblatt Februar 2009

Februar 2009

Von der Papiermühle zum Arbeiterwohnhaus, Bahnhofstraße 20

Das heutige Mehrfamilienhaus in der Bahnhofstraße 20 wurde 1881 errichtet. Das Fachwerkgebäude diente Mitarbeiter der Aktien Zuckerfabrik Wabern als Wohnhaus. Frau Ingrid Hiby geb. Wittmer erinnert sich, da sie dort in einer der acht Wohnungen ihre Kindheit verbrachte. Auch ihr war nicht bekannt, dass der eigentliche Standort dieses imposanten Gebäudes zwischen Geismar und Züschen lag.

Im Jahre 1828 wurde es dort als Hauptgebäude der Geismarer Papierfabrik, die seit 1708 bestand, errichtet. Der Bauherr war der Papierfabrikant Friedrich Lovis (*1798 +1843). Er stammte aus dem niedersächsischen Waake und hatte die Tochter des Papiermachers Mittler, Dorothea (*1800 +1840), geheiratet. Der erst 24jährige Lovis brachte viel Schwung und wohl auch eine beträchtliche Geldsumme in den Betrieb ein. In den Jahren 1828 bis 1829 ließ er das alte und technisch nicht mehr zeitgemäße Wirtschaftsgebäude abreißen und an dessen Stelle ein für die damalige Zeit großes Gebäude errichten.

Ein reges gesellschaftliches Leben erfüllte von nun an den Jahresablauf in der Papierfabrik. Im Festsaal wurden in der Sommer- und Winterzeit aufwendige Bälle für die Honorationen der Umgebung veranstaltet. Privatlehrer unterrichteten die Kinder der Fabrikantenfamilie. Nach dem frühen Tod von Friedrich Lovis übernahm der Sohn Christian Ludwig in jungen Jahren den Betrieb. Dieser übernahm nicht den inzwischen in der Papierherstellung neu aufgekommen Holzschliff. Mangelndes Interesse an technischen Veränderungen führte schließlich zum allmählichen Niedergang und Ende der Papierproduktion. Im Jahre 1874 folgte zwangsläufig die Versteigerung des Anwesens. Den Zuschlag für die Gebäude erhielt der Kaufmann Georg Orth aus Fritzlar, der diese 1881 bzw. 1883 weiter veräußerte. Das Gebäude wurde abgetragen und anschließend unter Leitung des Fuhrunternehmers Leithäuser in die Bahnhofstraße transportiert und dort im Auftrag der Aktien Zuckerfabrik Wabern aufgebaut. Der Chronist erinnert sich bei seinen Besuchen seiner Schulkameraden an das imposante Treppenhaus und die hohen Wohnräume.

Im März 1988 veräußerte die Zuckerfabrik das Mehrfamilienhaus an Manfred Fels, der es jedoch danach an die Familie Mann-Janke, Knüllwald, weiter verkaufte. Es folgte eine Neugestaltung der Wohnungen nach heutigen Standard und der Ausbau des Dachgeschosses. Die äußerlichen Veränderungen werden durch die Dachgauben sichtbar. Das Gebäude hat wegen seiner Blechplatten-Verkleidung im Volksmund den Namen "Blechdose" erhalten.

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