Kalenderblatt Januar 2002

Januar 2002

Die Main-Weser-Bahn

Die Main-Weser-Bahn entstand als Gemeinschaftsunternehmen des Kurfürstentums Hessen-Kassel, des Großherzogtums Hessen-Darmstadt und der Freien Stadt Frankfurt am Main. Als Ergebnis des Deutschen Krieges von 1866 annektierte Preußen das Kurfürstentum Hessen-Kassel sowie Frankfurt und trat die Rechtsnachfolge dieser beiden Staaten als Miteigentümer der MainWeser-Bahn an.

Der Bau der Main-Weser-Bahn wurde zunächst vor allem von Norden her, mit zweijähriger Verzögerung auch von Süden her, vorangetrieben. Als erster Abschnitt wurde die Teilstrecke Kassel-Guntershausen am 29. August 1849 in Betrieb genommen. Auch der weitere Bau der Main-Weser-Bahn kam rasch voran. Ab dem 19. Dezember 1849 rollten die Züge bis Wabern. Am 2. Januar 1850 erfolgte die Eröffnung des Abschnitts Wabern - Treysa. Am 15. Mai 1852 war die Strecke Kassel - Frankfurt betriebsbereit.

Der Bahnhof Wabern erfuhr durch den Bau der am 15. Juli 1884 vollendeten Stichbahn nach Bad Wildungen eine erhebliche Aufwertung. Noch bedeutender wurde Waberns Station für Betrieb und Verkehr durch die abschnittsweise Verlängerung dieser Nebenbahn über Korbach bis Brilon Wald an die Strecke Warburg - Hagen in den Jahren 1908 bis 1917.

Ein Entwurf des Gleisplans des Bahnhofs Wabern nach dem Bau der Nebenbahn nach Wildungen aus dem Jahre 1883 lässt eine noch sehr einfache Anlage mit Betriebs- und Verkehrsanlagen beiderseits der durchgehenden Hauptgleise erkennen. Die Erwartungen hinsichtlich des Wagenübergangs zwischen Haupt- und Nebenbahn müssen, der Gleisentwicklung nach zu schließen, bescheiden gewesen sein. Neu war die kleine Lokomotivstation für die Nebenbahnmaschine.

Laut Kostenvoranschlag vom 15. Oktober 1883 waren im Rahmen der Einführung der Nebenlinie 300m Nebengleis, zwei Doppolkreuzungsweichen, eine einfache und zwei dreiteilige Weichen neu zu verlegen. Neben dem Empfangsgebäude entstand ein besonderer Bahnsteig für die Nebenbahnzüge.

Während der folgenden Jahre muss es immer wieder zu Ausbauten des Bahnhofs gekommen sein. Dafür spricht schon die stattliche Anzahl der Weichen im Jahr 1895. Details sind leider nicht bekannt.

Die betrieblichen Engpässe im Bahnhof waren mit ein Grund dafür, dass bei den konkreten Planungen zur Verlängerung der Nebenbahn über ihren bisherigen Endpunkt hinaus auch die Notwendigkeit weiterer Ausbauten des Bahnhofs anerkannt wurde. Der Umfang der Rangieraufgaben bei den Güterzügen nahm zu, nachdem an dem neuen Streckenabschnitt zehn Ortsgüterabfertigungen und zwei Holzverladestellen neu entstanden waren. Im Herbst 1906 setzten güterbefördernde Züge der Hauptbahn an Werktagen jeweils ca. 150 Laufachsen in Wabern ein. Von und zu Nebenbahnzügen waren werktäglich je etwa 50 Laufachsen zu behandeln. Die Ausbauten gelangten noch vor dem Ersten Weltkrieg zum Abschluss. Am Bahnhofskopf Richtung Borken wurde ein Bahnübergang in Schienenhöhe (Homberger Straße) durch eine lange Brücke ersetzt. Im Interesse der Fußgänger, auf die wegen der Aufhebung des Bahnübergangs anderenfalls erhebliche Umwege zugekommen wären, wurde außerdem ein unter den Gleisen der Hauptbahn hindurchführender Personentunnel gebaut, der noch heute existiert.

Ein Gleisplan aus dem Jahre 1913 zeigt eine eindrucksvolle Anlage mit getrennten Güter- und Personenzugüberholungsgleisen sowie einer recht großen Anzahl von Auf- und Abstellgleisen. Den zweiständigen Lokschuppen ersetzte im Herbst 1918 an gleicher Stelle ein schon länger vorgesehener vierständiger Teilringschuppen mit vorgelagerter 16m - Drehscheibe.

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs begannen kleinere Aus- und Umbauten. Der Bahnhof Wabern sollte zukünftig die Güterzugbildungsanlagen in Kassel und in Treysa durch Vor- und Nachrangieren von Güterzügen entlasten. Deshalb entstanden auf der Seite des Bahnhofs zahlreiche Rangiergleise (1917). Später wurde für Züge Richtung Kassel die Möglichkeit geschaffen, das eigentlich den Güterzügen von Wildungen und Korbach vorbehaltene Gleis zu benutzen. Dadurch konnten nun die Güterzüge der Nebenbahn direkt auf die Hauptbahn übergehen.

Neben dem Bahnhof und Lokschuppen gab es eine Bahnmeisterei und eine Signalmeisterei. Auch ein Betriebswerk für die Wartung der in Wabern stationierten Lokomotiven und Waggons war eingerichtet. An diesen Bahnanlagen sind Rationalisierungsmaßnahmen nicht spurlos vorübergegangenen. So sind inzwischen bis auf ein Zentralstellwerk und die Fahrkartenausgabe Betriebszweige abgebaut worden. Der Zugbetrieb auf der Nebenstrecke nach Bad Wildungen wurde Anfang der sechziger Jahre von der Dampflokomotive auf die Diesellok umgestellt. Heute fahren auf dieser Strecke keine Züge der Deutschen Bahn AG, sondern Triebwagen der Kassel- Naumburger-Eisenbahn.

Gekürzt und ergänzt aus: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte Band 32 der DGEG (Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e.V.)

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