Marktfrau mit Rückentrage (Kiepe/Kötze) im Bahnhof Wabern aufgestellt

Juni 2020

Marktfrau

Bis zur Errichtung der Bahn- und Postanlagen sowie dem Bau der Zuckerfabrik hatte Wabern eine bäuerlich-handwerkliche Wirtschaftsstruktur. In dieser Zeit bewirtschaftete ein Großteil der Bevölkerung Land und besaß Vieh.

Für die bäuerlichen Familien war der Markt in Kassel von großer Bedeutung. Bis Ende des 18. Jahrhunderts war der "Altmarkt" Treffpunkt aller Händler, später der Königsplatz. Das Markttreiben begann bereits um 8 Uhr morgens. Somit mussten sich die Marktfrauen schon früh auf den Weg machen. Die Waberner Marktfrauen - die Bauersfrau selbst oder eine Magd - trafen sich nachts und machten sich auf den Fußmarsch nach Kassel. Die etwa 30 Kilometer lange Strecke mussten sie ihren vollen Rückenkorb (Kiepe, Kötze) auf dem Rücken tragen, bis sie nach fünf bis sechs Stunden auf dem Markt ankamen.

Die angebotenen Produkte aus der eigenen Erzeugung wie Butter, Eier, verschiedene Gemüsesorten und Obst waren für die Bauern oft die einzige Möglichkeit, Bargeld zu erhalten. Die Erlöse stellten für sie eine wichtige Existenzgrundlage dar.

Bis 13 Uhr dauerte der Markt. Danach packten die Marktfrauen ihre unverkauften Produkte wieder zusammen. Auch Dinge, die sie für den Eigenbedarf oder für die Dorfgemeinschaft erworben hatten, verstauten sie in der Kiepe und machten sich auf den langen Heimweg.

Eine harte Arbeit, die ihnen zu einer besonderen Stellung in der Dorfgemeinschaft verhalf. Eine Verbesserung brach dann ab 1849 an. Die Bahnverbindung zwischen Wabern und Kassel war fertiggestellt. Nun nutzten die Marktfrauen für die Fahrt nach Kassel und zurück die Eisenbahn, was mit weniger Mühe und einem geringeren Zeitaufwand verbunden war.

Zu einer Einschränkung des Marktangebotes kam es mit der Inbetriebnahme der Molkerei Wabern in der Bahnhofstraße im Jahre 1920. Dort wurde die angelieferte Milch zu Käse und Trinkmilch verarbeitet. Immerhin waren es über 70 bäuerliche Betriebe aus Wabern, die ihre Kuhmilch zur weiteren Verarbeitung in die Molkerei lieferten.

Die Mitglieder des Geschichts- und Kulturkreises haben in der Jahreshauptversammlung am 16.02.2018 auf Anregung des Vorstandes beschlossen, zur Erinnerung an die Waberner Marktfrauen am Bahnhof eine Skulptur aufzustellen. Die Künstlerin Bärbel Kolberg, Meerbusch wurde daraufhin beauftragt, eine Marktfrau aus Beton zu erstellen. Die Skulptur ist inzwischen fertiggestellt. Sie wurde Anfang Dezember 2019 im Warteraum des DB-Reisecenters im Bahnhof aufgestellt. Die offizielle Vorstellung und Übergabe an die Gemeinde wurde wegen der Corona-Krise verschoben.

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