Kalenderblatt August 2018

August 2018

26. November 1911

Wabern. (Eingesandt) Der Kurpfuscher von Wabern: Seit einiger Zeit hat sich ein Heilkundiger, welcher nach den Grundsätzen der Biochemie und Homöopathie arbeitet, hier niedergelassen. Derselbe stelle die Krankheit mit großer Sicherheit in den Augen fest. Welch eine Genauigkeit in der Art Untersuchung liegt, geht aus den Erfolgen Dikomeis, welcher nach denselben Grundsätzen arbeitet, hervor. Da sämtliche Teile des menschlichen Organismus einen Platz in der Regenbogenhaut haben, so ist die Untersuchung eine viel genauere wie einseitige Urinuntersuchung. Es nehmen jetzt schon täglich 30 bis 40 Kranke seine Hilfe in Anspruch und werden wir wohl bald denselben Zustrom von Menschen haben, wie Kirchgänger.

Kurpfuscher

Eingesandt (Der Kurpfuscher von Wabern).

Der Einsender des kürzlich erschienenen "Eingesandt" dieser Zeitung zeigt in seiner Beurteilung der Augendiagnose eine bedauerliche Rückständigkeit. Diese Methode hat sich im Prozesse des Pfarrers Felke, der vor einiger Zeit in allen Zeitungen breit besprochen worden ist, als eine Phantasie aus Wölkenkuckucksheim erwiesen. Felke war nicht im Stande bei einem von 20 ihm vom Gericht vorgestellten Fällen eine richtige präzise Diagnose zu erstellen. Bei dieser Gelegenheit wurde zweifelsfrei festgestellt, daß es nicht möglich ist, aus den Augen Krankheiten zu erkennen; wenn die Krankheitserkennung aus dem Harn einseitig ist, wie der Einsender meint, so ist die Diagnose aus den Augen Unsinn. Ferner muß die Mitteilung als irreführend bezeichnet werden, daß täglich 30 bis 40 Kranke die Hilfe des Kurpfuschers in Anspruch nehmen: so töricht ist unsere Bevölkerung nicht. Die mit Dummheit bestraften mögen glauben, daß man Krankheiten aus den Augen erkennen könne; die anderen werden es nicht glauben, ebenso wenig wie wahrscheinlich die meisten Kurpfuscher selbst.

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