Kalenderblatt Februar 2016

Februar 2016

Abendfrieden

von Dietrich Bachmann, Bankkaufmann:

"Ein schöner Sonnenuntergang lässt den Tag noch einmal erstrahlen. Mit dem abnehmenden Licht nimmt auch die Hektik des Tages ab und der Abendfrieden kehrt, zumindest vorübergehend, ein. Die beiden Turmhauben zeigen das, was Wabern noch vor dem Bahnhof und der Zuckerfabrik ausgemacht haben. Zwei "machtvolle" Türme repräsentieren Kirche und Fürst (Staat), wenn auch im Laufe der Jahre diese beiden Institutionen ihre Macht deutlich, teilweise vollständig abgeben mussten. Das Foto lebt vor allem von der Stimmung. Der Abendfrieden wird deutlich vermittelt. Eine Herausforderung waren immer wieder die über 50 Stufen, die ich im Elternhaus für jedes Foto erklimmen musste. Immerhin habe ich etwa 15 Fotos geschossen, mit Sonnenuntergängen von blass bis grell, ja bis ins Kitschige. Da blieb die schwierige Aufgabe das Foto auszuwählen, dass die Jury in der Komposition von Türmen und Himmel am meisten überzeugt. Übrigens stand für mich das Motiv von Anfang an fest."

Die beiden Türme im Abendrot sind neben den Bauwerken der Zuckerfabrik und dem Kirchturm der St. Wigbert-Kirche die Baudenkmäler, welche die Sky-Line von Wabern dominieren. Beide Bauwerke stammen aus der Zeit von Landgraf Carl (* 1654 + 1730). Der absolutistische Regent, der von 1677 bis zu seinem Tode regierte und in dieser Zeit vielfältige Bauprojekte verwirklichen ließ. In der Residenzstadt Kassel entstanden u.a. die Karlsaue mit dem Orangeriebau und der Herkules. Hinzu kamen verschiedene Landhäuser und Jagdschlösser, wie Heydau (Gemeinde Morschen) und Wabern.

Für seine Gattin Anna Amalie baute der Landgraf von 1701 bis 1704 das Jagdschloss, das in späterer Zeit "Karlshof" genannt wurde. Ein detaillierter Bericht über das Schloss kann im Kalender Juli 2001 nachgelesen werden.

Der Landgraf hielt sich mit seinem Hof regelmäßig im Frühjahr und im Herbst in Wabern auf, um auf die Reiherjagd zu gehen. Es gehörte sicherlich zum Programm an den Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst aufzusuchen. Die alte Kirche in Wabern genügte wohl kaum den Repräsentationsansprüchen des Regenten. Der neue Kirchenbau musste den höfischen Vorstellungen entsprechen. Nötig war vor allem eine Loge für den Landesfürsten an zentraler Stelle im Raum mit einem eigenen Zugang von außen, damit der Landrat mit Gefolge ungehindert vom "gemeinen Volk" seine Plätze aufsuchen konnte.

Der Finanzierungsplan für die neue Kirche, die an die Stelle der bisherigen um 1400 erbauten Kirche treten sollte, beginnt im Jahre 1716 mit einer Einlage des Landgrafen von 100 Reichstalern. Im Jahre 1718 bringt eine landesweite Kollekte in Niederhessen zugunsten des Waberner Objektes 667 Reichstaler ein. Am 23. Juni 1722 erfolgt die Grundsteinlegung. Da die Gemeinde im Jahre 1726 ein neues Altartuch anfertigen lässt, was in Verbindung zu einer feierlichen Einweihung stehen kann, wird davon ausgegangen, dass in diesem Jahr die Kirche fertiggestellt worden ist. Die umfangreiche Geschichte über die evangelische Kirche der Gemeinde Wabern ist im kunstgeschichtlichen Kirchenführer "Die Evangelisch-reformierte Pfarrkirche in Wabern" von Kathrin Ellward, herausgegeben im Jahre 1998 aus Anlass der 275-Jahrfeier von Horst Schattner, nachzulesen (MU).

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