Kalenderblatt Januar 2013

Januar 2013

Unsere Mehrzweckhalle

"Vereinigung von Konstruktion, moderne Gestaltung und Zweckmäßigkeit", untertitelten die "Hessischen Nachrichten" am Tage der Einweihungsfeier der Mehrzweckhalle am Samstag, dem 14. Dezember 1963. Wabern, mit 3000 Einwohnern die damals größte Landgemeinde des Kreises Fritzlar - Homberg hatte, nach viermonatiger Bauzeit eine Mehrzweckhalle erhalten.

In der Einweihungsfeier sagte der hessische Innenminister Heinrich Schneider (SPD, gest. 22.01.1980, von 1955 bis 1969 hessischer Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident in den Kabinetten von Ministerpräsident Georg August Zinn), dass in Wabern der erfolgreiche kommunale Aufbau für jedermann sichtbar und die Halle im Verein mit anderen Maßnahmen ein gutes Beispiel für die enge Zusammenarbeit zwischen den Stellen der kommunalen Selbstverwaltung und dem Lande Hessen sei. Mit Einfallsreichtum und einem ausgezeichneten Sinn für Wirtschaftlichkeit, habe man es in Wabern verstanden, eine Mehrzweckhalle zu entwickeln, deren Plan und Anlage etwas völlig neuartiges darstelle. Bürgermeister Karl Emden (gest. 17.05.1996, Bürgermeister von 1960 bis 1975) hatte zu Beginn der Feier im großen Saal der Mehrzweckhalle neben dem Minister auch Landrat August Franke (SPD, gest. 21.10.1997, Landrat von 1960 bis 1984 erst im Landkreis Fritzlar Homberg, seit 1974, nach der Gebietsreform auch im neu gebildeten Schwalm-Eder-Kreis) begrüßen dürfen. Dieser verwies in seiner Rede, dass es erst durch die Maßnahmen der sozialen Aufrüstung auf dem Lande möglich geworden sei, den Menschen in den Dörfern jene kulturellen und soziale Einrichtungen zu geben, die für die Bevölkerung in den Städten längst eine Selbstverständlichkeit sei. Nach der Ansprache des Ministers übergab Architekt Konrad Proll (Kassel) mit herzlichen Worten des Dankes auch im Namen der beteiligten Firmen den Schlüssel zur Mehrzweckhalle.

Konrad Proll hatte zuvor bereits das Bürgerhaus in Borken gebaut sowie zahlreiche weitere Bauten im Nachkriegs-Kassel, u.a. das Verwaltungsgebäude der AOK auf dem Kassler Friedrichsplatz, ein Kulturdenkmal, welches als herausragendes Beispiel der Wirtschaftswunderarchitektur gilt. Seine Kinder Thorwald und Astrid erlangten auf andere Art Berühmtheit. Sie gehörten seit Ende der 60er-Jahre zum engeren Kreis der Baader-Meinhof-Bande, der späteren Rote Armee Fraktion.

Danach bedankte sich Rektor Hermann Bettin im Namen der Lehrerschaft und der 400 Jungen und Mädchen der Mittelpunktschule für das schöne Geschenk, das die Gemeinde auch der Schule mit der Turn- und Mehrzweckhalle gemacht habe.

Der eigentlichen Halle mit einer lichten Höhe von 7,5 m waren zwei 5,5 m hohe Seitenflügel angegliedert, die die Eingangshalle und den Wirtschaftsteil enthalten. Kernstück des Bauwerks war die 12 mal 12 Meter große Bühne, die gleichzeitig als Gymnastikraum verwendet werden sollte und nach Osten, gegen die Turnhalle hin durch Vorhänge und Falttüren getrennt war. Nach Westen hin schloss an die Bühne der ebenfalls abtrennbare 10 mal 12 Meter große Gemeindesaal an. Die Turnhalle besaß eine völlig aus Glasbausteinen errichtete Südwand. Je nach Bedarf konnten Gemeindesaal, Bühne und Turnhalle in verschiedener Kombination zu Räumlichkeiten bis zu 700 Sitzplätze hergerichtet werden. Das Bauwerk wurde mit einer Ölfeuerungsanlage beheizt. Die Baukosten waren im Vorfeld mit 865.000 DM veranschlagt, wozu das Land 465.000 DM und der Kreis 80.000 DM zuschießen sollten. Maßgeblich am Neubau beteiligt waren folgende Firmen: Erd-, Kanalisations-, Maurer- und Stahlbetonarbeiten: Arbeitsgemeinschaft der Firmen Fröhlich K.G. und Willi Schmidt u. Sohn, Wabern, Innenausbau: Heinrich Leuchter, Kassel — Helleböhn, Wasser- und sanitäre Installation: Firma Ernst Edelmann, Wabern, Malereibetrieb Scherer Wabern, Schreinerarbeiten: Firma A. Mose, Wabern, Pumpen-Warmwasser-Heizung: Firma Konrad Ochs, Wabern, Natursteinarbeiten: Firma Wachenfeld, Külte (Waldeck), Elektro-Installation: Ing. Paul G. Krieger, Borken, Dachdeckerei: Heinrich Horstmann, Wabern, Rigips-Arbeiten: Heinz Kepper, Gudensberg.

Über 30 Jahre sollte der Bau unverändert Bestand haben. Anfang der neunziger Jahre wurde erstmals an einen Um- oder Neubau gedacht. Es dauerte jedoch bis zum 20. Mai 1997 ehe die HNA anlässlich des Berichts über die Wiedereröffnung der Mehrzweckhalle nach umfangreichen Renovierungs- und Umbauarbeiten titeln konnte: "Schöner, größer, moderner, vielseitiger nutzbar". Aber das ist eine eigene Geschichte.

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