Kalenderblatt September 2001

September 2001

Zuckerfabrik Wabern

Aus der Denkschrift der Aktien-Zuckerfabrik aus dem Jahr 1955 aus Anlaß des 75jährigen Bestehens lässt sich entnehmen: "In dem Bestreben, auch in Kurhessen die Landwirtschaft zu intensivieren und eine ertragsteigernde Fruchtfolge zu erreichen, wurde schon früh der Anbau von Zuckerrüben in Erwägung gezogen. Durch günstige Vorbedingungen bot sich zunächst die Wabernsche Senke dem Zuckerrübenanbau an. Bereits 1836 erbaute daher Herr Posthalter Thielepape in Wabern eine Zuckerfabrik kleineren Umfangs, die aber um 1850 - wahrscheinlich infolge behördlicher Maßnahmen - wieder stillgelegt werden musste. Im gleichen Jahr - 1836 - wurde in Niederhone bei Eschwege eine Zuckerfabrik errichtet, die nach dem 1. Weltkrieg züm Stillstand kam. Im Jahr 1865 wurde in Wega bei Bad Wildungen eine Zuckerfabrik gebaut, die aber wegen der ungünstigen Standortbedingungen nicht den erwarteten Erfolg brachte und ihren Betrieb 1876 schließen mußte. Braunschweiger Landwirte, die sich bei Wabern angekauft hatten, ließen sich aber in Gemeinschaft mit alteingesessenen nordhessischen Landwirten von dem Wegaer Mißerfolg nicht beirren. Zunächst beabsichtigte man, gemeinsam mit Landwirten aus den an Kassel angrenzenden westfälischen Kreisen eine Fabrik bei Kassel zu errichten. Diese Verhandlungen zogen sich aber sehr in die Länge, so daß am 8.8.1880 kurz entschlossen 117 Landwirte aus Nordhessen mit einem Kapital von 1122 Stück Aktien zu je 300 Mark = 336 600 Mark die Actien-Zuckerfabrik Wabern als bauerneigene Fabrik gründeten."

Die Bauzeit der Zuckerfabrik dauerte bis 1881. Die erste Kampagne begann am 5. Dezember 1881 und endete am 02. Februar des folgenden Jahres. Aus 500 ha Anbau wurden 140.922 dz Rüben verarbeitet, die einen durchschnittlichen Zuckergehalt von 10.87% hatten und 8.922 Zentner Zucker abgaben. An Fabrikgebäuden entstanden: Zwei Rübenhäuser, Schnitzeltransporthaus, Kalkofen, Siedehaus, Dampfkesselhaus und Zuckerlagerung. 1892 erhöhte sich die Tagesverarbeitung auf 6.000 dz Rüben.

1934 erfolgte die Elektrifizierung der Fabrik. 1951 konnte die Tagesleistung auf 11.000 dz Rüben gesteigert werden. Die Rüben hatten jetzt einen durchschnittlichen Gehalt von 16 % Zucker.

Ende der 60er Jahre wurde es immer schwieriger, die Fabrikleistung dem steigenden Rübenaufkommen zügig anzupassen. So kam es 1975 zur Übernahme der Aktienmehrheit durch die Zuckerfabrik Franken. 1976 wurde die Vereinigte Zucker AG Obernjosa-Wabern-Warburg (VZAG) mit Sitz in Wabern gegründet. Mit dieser Partnerschaft wurden die wirtschaftlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, um wesentliche Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen durchführen zu können. Für die Fabriken Wabern und Warburg wurden in diesen Jahren 100 Millionen DM investiert, um die betriebswirtschaftlich notwendigen Erneuerungen durchzuführen und die Konkurrenzfähigkeit auf dem Zuckermarkt zu erhalten.

1988 erfolgte der Zusammenschluss der Süddeutsche Zucker AG Mannheim mit der Zuckerfabrik Franken GmbH, Ochsenfurth, zur heutigen Südzucker AG. Inzwischen ist Südzucker das größte Zuckerunternehmen in der Europäischen Union; insgesamt werden über 42 Zuckerfabriken betrieben.

In Wabern werden heute während der Kampagne pro Tag 6.600 Tonnen Rüben verarbeitet und damit 1.000 Tonnen Zucker gewonnen. In den Silos können 50.000 Tonnen Zucker gelagert werden. Für die Erzeugung von einem Kilogramm Zucker werden etwa sieben Kilogramm Rüben benötigt. Bis aus der Rübe der fertige Zucker gewonnen ist, vergehen in der Fabrik zehn Stunden. Während der Kampagne sind rund 100, in der übrigen Zeit rund 90 Mitarbeiter im Werk Wabern beschäftigt. Hoffen wir, dass weiße Dampffahnen aus dem Schornstein in der Zeit der Kampagne weiterhin als Zeichen der süßen Produktivität erhalten bleibt.

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